WfH übt scharfe Kritik an überzogenem Museumsprojekt
Nach aktuellem Stand wollen die Fraktionen von CDU, FWG und Bündnis 90/Die Grünen über einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 in Hadamar einen millionenschweren Museumsbau durchdrücken und bereits in der Stadtverordnetenversammlung am 2. September 2021 beschließen.
„Wir halten das für völlig überzogen. Hier wird jede Verhältnismäßigkeit außer Acht gelassen. Schon die bisher zur Verfügung gestellten € 420.000,- Investitionskosten hielten wir für zu hoch. Da wird jetzt praktisch durch die „kalte Küche“ eine gute weitere ½ Million draufgesattelt. “, kritisiert der WfH Fraktionsvorsitzende Hans Reichwein.
€ 943.000,- sind dafür veranschlagt. „Dass solche Kostenschätzungen in der Bauphase überall und regelmäßig noch deutlich nach oben schießen, ist das eine – dass das jetzt beschlossen werden soll, ohne dass belastbare Zahlen zu Folgekosten für Personal und Betrieb vorliegen, ist ein Unding. Um eine solche Einrichtung langfristig erfolgreich betreiben zu können, wird lt. dem Hess. Museumsverband hochqualifiziertes, auf dem Bereich akademisch ausgebildetes, erfahrenes Personal benötigt. Unseren Informationen zufolge, liegt der Aufwand nur dafür in anderen Kommunen mit vergleichbaren Angeboten nicht unter € 110.000,- im Jahr – also zusätzlich zu den reinen Baukosten weitere € 1,3 Mio. an Aufwand für die ersten 12 Jahre, über die man öffnen muss, da die Stadt ansonsten Fördermittel zurückerstatten müsste. Das schränkt die Handlungsspielräume der Stadt langfristig immens ein und dabei sind noch nicht einmal weitere, zum Betrieb zwingende Ausgaben berücksichtigt. Und alles scheinbar, um punktgenau für das Stadtjubiläum in 2024 richtig mit einem Prestigeobjekt zu klotzen. Anders ist die übergroße Hast nicht erklärbar.“, so Reichwein weiter.
Johannes Müller, 1. Sprecher der Bürgerinitiative fügt an: „Wir halten es für viel wichtiger, Investitionen in die grundlegende Infrastruktur zu tätigen. Der Zustand der Straßen und z.B. der Hochwasserschutz bei Unwettern sollten hier ganz vorne auf der Liste stehen – das haben die Letzten Wochen deutlich jedem vor Augen geführt. Hadamar ist nämlich lt. dem Hess. Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie hochgradig durch solche Ereignisse gefährdet. Darüber hinaus ist auch zu schauen, wo in der Stadt lange vernachlässigter Bedarf besteht. Das ist beispielsweise der Fall beim sog. „Haus Nattermann“, in dem das komplette Obergeschoß nach wie vor unfertig leer steht. Das können wir uns gut als Standort für die neue KITA in der Kernstadt vorstellen mit neuem Dach und moderner Photovoltaik darauf. Auch die Planungen in Oberweyer im Zusammenhang mit dem anstehenden 1250-Jubiläum gehören dazu. Dass dabei die Finanzierung jetzt nicht über die vor uns liegenden Haushalte 2022/23, sondern im Eiltempo über einen Nachtrag für 2021 funktionieren soll, verwundert schon, da der Magistrat dies noch Anfang Juli als nicht praktikabel verwarf. Bis zur entscheidenden Stadtverordnetenversammlung am 02.09. werden wir das überprüfen. Denn wir sprechen hier nicht über einen völlig überzogenen Museums-Wunschtraum oder ähnliche, nicht zu Ende gedachte, ausufernde Projekte mit horrenden Folgekosten. Wenn die Finanzierung inkl. der dafür angedachten Förderung aus dem europ. LEADER-Programm doch jetzt schon klappen sollte, werden wir das mit großer Freude für Oberweyer beschließen. Hier geht es wirklich einmal um ein hervorragend konzipiertes Projekt – im Ort selbst von Ehrenamtlichen professionell und engagiert aufgestellt.“
„Bei den teuren Personal- und Betriebskosten für ein Museum wäre verantwortlich, diese herzunehmen, um ein grundlegendes Funktionieren auf wichtigen städtischen Bereichen sicherzustellen. Im Bereich des Ordnungsamtes steht es vernehmlich derart schlecht um die vorhandene Personaldecke, dass elementare Aufgaben, die die Basis eines gütlichen, geregelten Miteinanders sicherstellen, nicht mehr erfüllt werden können. Seit dem Wegfall der Stelle des sog. „Streetworkers“ besteht z.B. ein Defizit bei aufsuchender Sozialarbeit, welches allein von der Stadtjugendpflege nur teilweise aufgefangen werden kann. Einer Elterninitiative, die einen Waldkindergarten einrichten will, wurde bislang ein städt. Zuschuss verwehrt, obwohl dringend Plätze in der Kinderbetreuung benötigt werden. Das sind Baustellen, die behoben werden müssen, bevor irgendjemand sich Gedanken um einen hochbezahlten Museumsdirektor machen sollte! Erst die Pflicht – dann die Kür!“, schließt Hans Reichwein.